Gastbeitrag Inci.pedia: Fett oder Feuchtigkeit für die Haut? Warum die Antwort dazwischen liegt
Den Blog der lieben Shenja Incipedia kennen wahrscheinlich die meisten von euch, die sich für reizarme Pflege interessieren. Heute freuen ich mich deshalb sehr, einen Gastbeitrag von ihr auf IA posten zu dürfen.
Wenn es der Haut an Feuchtigkeit fehlt, wirkt sie weniger prall und weniger geschmeidig. Ist Talg bei euch Mangelware, sieht sie eher stumpf und fahl aus – dann spricht man oft von einer trockenen Haut. Ich denke viele von uns kennen diese Phänomene. Aber ist es sinnvoll sich nur für eine Seite zu entscheiden und die Haut ausschließlich mit wasserhaltigen oder ölhaltigen Produkten zu pflegen?
Gut zu wissen:
Eigentlich ist es ganz normal, dass unsere Haut ständig Feuchtigkeit an die Umgebung abgibt – das nennt sich transepidermaler Wasserverlust oder kurz TEWL (transepidermal water loss). Jener Feuchtigkeitsverlust ist selbstverständlich nicht nur von einem selbst abhängig, sondern auch von der Umwelt. Im Winter ist der TEWL nämlich höher als im Sommer, weil in der kalten Jahreszeit unter anderem die Luftfeuchtigkeit geringer ist. Auch auf den Talg hat das einen Einfluss. Dessen Anteil geht im Winter nämlich zurück.
Die völlig normalen Vorgänge fallen uns meistens gar nicht auf. Nur wenn die Haut wieder vermehrt zu Trockenheit neigt, weniger prall wirkt, sich schuppt oder spannt – dann haben wir oft das Bedürfnis etwas zu unternehmen. Vor allem Menschen, die ihre Haut als empfindlich einstufen (und das ist immerhin laut Umfragen jede 2. Frau und jeder 3. Mann) fallen solche Veränderungen relativ schnell auf.
Die Verwendung bestimmter kosmetischer Mittel spielt bei diesen Veränderungen natürlich auch eine Rolle. Vor allem die Art und Weise wie wir unsere Haut reinigen, ist hier definitiv nicht zu vernachlässigen. Besonders reizende Tenside wie z. B. SLS (Sodium Lauryl Sulfate), SCS (Sodium Coco-Sulfate) oder gar Seifentenside (Sodium Cocoate, Sodium Tallowate, Sodium Palmitate usw.) strapazieren die Haut extrem – vor allem wenn sie den Hauptbestandteil eurer Gesichtsreinigung einnehmen. Wer zu oft und zu heiß reinigt, tut seiner Haut leider auch keinen Gefallen. Hier lohnt es sich alle Mal auf milde Reinigungsprodukte umzusteigen und die Häufigkeit an Waschvorgängen zu reduzieren, um die natürlichen Feuchhaltefaktoren und Lipide nicht ständig zu entfernen. So wird nämlich auf Dauer die Hautbarriere geschädigt und zeitgleich der transepidermalen Wasserverlust erhöht.
Diese Inhaltsstoffe binden Feuchtigkeit in der Haut
Humectants – Feuchthaltemittel
Feuchthaltemittel könnt ihr euch ein bisschen wie einen Schwamm vorstellen. Sie nehmen Feuchtigkeit bzw. Wasser auf, speichern sie und geben sie nach und nach an ihre Umgebung wieder ab. Hierzu zählen unter anderem Glyzerin, Urea, Hyaluronsäure, Ectoin, Sorbitol und Pentylenglykol. Diese Stoffe sind nämlich hygroskopisch (wasseranziehend).
Diese Inhaltsstoffe bewahren die Feuchtigkeit in der Haut
Okklusiva – bilden einen schützenden, wasserabweisenden Film
Um die Feuchtigkeit in der Haut zu bewahren, kommen etliche okklusive Inhaltsstoffe in kosmetischen Mitteln zum Einsatz. Hierzu zählen Hydrocarbonöle und -wachse wie z. B. Petrolatum, welches extrem hautverträglich ist und den TEWL um bis zu 98 % reduzieren kann. Aber auch pflanzliche Wachse, Buttern (Kakao- und Sheabutter) und Öle (Jojobaöl, Mandelöl, Kokosöl) sind in der Lage Feuchtigkeit einzuschließen – jedoch nicht vergleichbar mit Petrolatum und auch die Hautverträglichkeit ist nicht immer gegeben.
Beide Kategorien (Humectants + Okklusiva) sind übrigens neben Emollienzien (pflegenden Stoffen) wichtiger Bestandteil in Moisturizern bzw. Feuchtigkeitscremes.
Bei der Wahl des passenden Pflegeprodukts spielen natürlich nicht nur die Bestandteile und die eigene Haut eine Rolle, sondern auch was man erreichen möchte. Fehlt es an Feuchtigkeit, weniger an Fett? Dann sind leichte Gel-Moisturizer oder O/W-Emulsionen wahrscheinlich die bessere Wahl, da hier der Wasseranteil höher ist. Ist die Haut aber eher trocken und stumpf, dann wird es ihr an Fett mangeln weil die Talgdrüsen nicht ausreichend aktiv sind. Hier werden Produkte mit höherem Ölanteil besser funktionieren wie z. B. W/O-Emulsionen. Zur Reinigung eignen sich meistens Reinigungsöle, -lotionen oder -balms.
Aber unabhängig vom Hauttyp- und zustand solltet ihr euch nicht ausschließlich für eine Richtung entscheiden. Denn damit die Haut möglichst geschmeidig, gepflegt und durchfeuchtet bleibt, ist nicht nur Fett sondern auch Feuchtigkeit von Nöten weil beide Komponenten auch natürlicherweise in ihr vorkommen.
Quellen
- Measuring the Skin von Pierre Agache, Philippe Humbert
- Wan MJ, Su XY, Zheng Y, Gong ZJ, Yi JL, Zhao Y, Guan XM, Lai W. Seasonal variability in the biophysical properties of forehead skin in women in Guangzhou City, China. Int J Dermatol. 2015 Nov;54(11):1319-24. doi: 10.1111/ijd.12741. Epub 2014 Dec 29. PMID: 25557023.
- Meyer K, Pappas A, Dunn K, Cula GO, Seo I, Ruvolo E, Batchvarova N. Evaluation of Seasonal Changes in Facial Skin With and Without Acne. J Drugs Dermatol. 2015 Jun;14(6):593-601. PMID: 26091385.
- Skin Physiology, Irritants, Dry Skin and Moisturizers von Christina Marino, MD, MPH
Clinical Pediatric Dermatology von Devinder Mohan Thappa - Hautreinigung mit Syndets: Chemische, ökologische und klinische Aspekte von Otto Braun-Falco, Hans C. Korting
- Schmid-Wendtner M, -H, Korting H, C: The pH of the Skin Surface and Its Impact on the Barrier Function. Skin Pharmacol Physiol 2006;19:296-302. doi: 10.1159/000094670
- Rawlings, A.V. and Lombard, K.J. (2012), A review on the extensive skin benefits of mineral oil. Int J Cosmet Sci, 34: 511-518. https://doi.org/10.1111/j.1468-2494.2012.00752.x
- Ghadially R, Halkier-Sorensen L, Elias PM. Effects of petrolatum on stratum corneum structure and function. J Am Acad Dermatol. 1992 Mar;26(3 Pt 2):387-96. doi: 10.1016/0190-9622(92)70060-s. PMID: 1564142.
- Dermatokosmetik von Martina Krescher
- Cosmetic Dermatology Products and Procedures EDITED BY Zoe Diana Draelos MD
Interessanter Beitrag, danke! 🙂
Sehr interessanter Beitrag! 🙂
Dass beides so wichtig ist, war mir gar nicht so klar. Ich hatte lange Zeit mit total trockener und leicht angreifbarer Haut zu kämpfen. Mein Hautarzt sagte mit es liegt daran, dass ich zu häufig dusche und zu viele verschiedene Kosmetika benutze. Auf sein Anraten habe ich mich mal an rückfettender Olivenölseife probiert. Seitdem habe ich weniger Probleme, aber ganz verschwunden sind sie noch nicht. Vielleicht werde ich dann mal eine feuchtigkeitspendende Creme probieren. 🙂
Grüße
Kim